Gast-Kommentar:
„Keine Religion in der Schulstube“ – so titelte das Tagblatt am 24. Juli 2025. Der Rorschacher Schulpräsident und SP-Bildungspolitiker Guido Etterlin wird mit genau diesem Satz zitiert. Ein kurzer Satz, vielleicht im Eifer einer Diskussion gefallen. Aber einer, der – wenn man ihn ernst nimmt – weitreichende Konsequenzen hat.
Denn was bedeutet das eigentlich: keine Religion in der Schulstube? Bedeutet das, dass wir die Kirchen aus dem Schulhaus verbannen wollen? Oder nur das Kreuz von der Wand nehmen? Oder gar: dass wir die Fundamente unseres Zusammenlebens – wie Respekt, Verantwortung, Vergebung, Nächstenliebe – nicht mehr benennen dürfen, weil sie religiös geprägt sind?
Was dabei übersehen wird: Unsere Volksschule ist kein religionsfreier Raum. Das Volksschulgesetz des Kantons St. Gallen sagt es klipp und klar in Artikel 3, Absatz 1:
„Die Volksschule unterstützt die Eltern in der Erziehung des Kindes zu einem lebensbejahenden, tüchtigen und gemeinschaftsfähigen Menschen. Sie wird nach christlichen Grundsätzen geführt.“
Das ist kein Kirchenprivileg. Es ist eine kulturelle und ethische Basis, auf die sich unsere Gesellschaft seit Jahrhunderten stützt. Es geht nicht um Dogmen, sondern um Haltung. Um ein Menschenbild, das jedem Kind zuspricht: Du bist wertvoll. Nicht wegen deiner Leistung. Nicht wegen deines Status. Sondern einfach, weil du Mensch bist. Wenn wir das aus dem Schulzimmer entfernen, verlieren wir nicht nur ein Kreuz an der Wand. Wir verlieren die Quelle, aus der sich das Wasser speist, das unsere Gesellschaft zusammenhält.
Natürlich ist die Schule kein Ort für religiöse Bevormundung. Aber sie ist ein Ort, an dem Werte vermittelt werden – ob wir das wollen oder nicht. Und wenn man die christlichen Wurzeln kappt, bleibt das Vakuum nicht leer. Dann füllen es andere – Konsum, Selbstoptimierung, ideologische Beliebigkeit.
Ein amtierender Schulratspräsident, der Religion aus der Schule verbannen will, sollte sich gut überlegen, was er stattdessen anbieten kann. Und wie er die Brücke schlagen will zu einem Gesetz, das ausdrücklich christliche Grundsätze als Leitlinie nennt.
Vielleicht wäre es an der Zeit, wieder neu über diese Grundsätze zu sprechen – nicht als Machtfrage, sondern als Wertegrundlage. Nicht als Rückfall in alte Zeiten, sondern als Chance, Kindern eine innere Orientierung mitzugeben, die sie in einer komplexen Welt dringend brauchen.
Denn eine Schule, die alles weiss – aber nicht mehr, wofür – hat ihre Seele verloren.
P. Andy Givel
Pfarradministrator der Seelsorgeeinheit Gossau