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04.08.2024
05.08.2024 12:51 Uhr

Sommerserie 2024: Naturnahe Waldwirtschaft am Vogelsberg

Revierförster Bruno Cozzio beantwortet Fragen zum Wald als "Produktionsfaktor" - rechts im Bild Langholz vom Vogelbergwald für den Hausbau. Bild: uzwil24.ch / jg / Waldregion St.Gallen
Im Rahmen dieser Sommerserie vermitteln Jürg Grau und Bruno Cozzio einen Einblick in verschiedene Facetten des Vogelsbergs. "Waldbewirtschaftung ist mehr als nur Bäume fällen", unterstreicht Revierförster Bruno Cozzio die Bedeutung der Waldwirtschaft am Vogelsberg. Mehr dazu in diesem Beitrag.
Schöne und sinnvolle Walderschliessung am Vogelsberg - rechts ein Holzlagerplatz für die Waldpflege. Bild: uzwil24.ch / Waldregion St.Gallen

Was versteht man unter "Wirtschaftsfunktion" eines Waldes?
Bruno Cozzio: "Unser Wald am Vogelsberg erfüllt vielfältige Funktionen, ohne dass wir es bemerken. Eine sehr wichtige Funktion ist tatsächlich auch die Wirtschaftsfunktion des Waldes. Denn der Schweizer Wald ist auch Arbeitsplatz für viele Menschen, schweizweit für rund 6200."

Und was wird im Wald produziert?
"Holz ist das Hauptprodukt. So produziert auch der Vogelsbergwald Holz für unsere Holzbauten, Möbel und Energieholz für nachhaltige Holzheizungen. Die Zahlen beeindrucken: Jedes Jahr wachsen gut 700m3 Holz im Vogelsbergwald. Das entspricht einem Holzklotz, welcher 10m lang, 10m breit und 7m hoch ist. Mit diesem Klotz könnten sicher vier Einfamilienhäuser komplett aus Holz gebaut werden. Dies alles in 12 Monaten, völlig nachhaltig und mitten in einem Erholungsgebiet für alle Menschen rund um den Vogelsberg."

Wie transportieren Sie das Holz aus dem Wald?
"Dafür brauchen wir am Vogelsberg Waldstrassen und Maschinenwege. Diese werden durch die Forstleute unterhalten und sind für eine nachhaltige Waldpflege zwingend. Dank diesen Wegen sind Erholungsspaziergänge für die Menschen möglich und das Holz kann aus dem Wald geführt werden."

Energieholz vom Vogelsberg für das Heizsystem der Kanti Wil. Bild: uzwil24.ch / Waldregion St.Gallen

Wird das Holz auch in unserer Region verwendet? 
"Mit Holz aus dem Vogelsbergwald wurden schon Häuser in den Gemeinden Jonschwil, Oberuzwil und Uzwil, welche rund um den Vogelsberg liegen, gebaut. Ja, der Vogelsberg und sein Wald verbindet uns Menschen rund um den Vogelsberg auch mit seinem wertvollen und natürlichen Rohstoff Holz. Er gibt uns ein Zuhause, wohlige Wärme und bequemen Möbel - alles aus heimischen Holz. Und zusätzlich 'liefert' uns der Wald beispielsweise noch verschiedene Beeren und Pilze."

Ist Biodiversität im Vogelsbergwald auch ein Thema?
"Holz schlagen, also Bäume fällen, ist Waldpflege und Förderung der Biodiversität. Fällen wir Bäume, gibt es mehr Licht im Wald. Je mehr Licht auf den Waldboden gelangt, umso vielfältiger, also biodiverser, wird der Wald am Vogelsberg. Wald bewirtschaften ist deshalb nicht einfach nur Bäume fällen, Wald bewirtschaften heisst, einen natürlich nachwachsenden Rohstoff nutzen, Vielfalt und damit Biodiversität im Wald fördern und den Menschen die Erholung im Wald ermöglichen."

Mit welcher Strategie wird der Vogelsbergwald entwickelt?
"Unser Vogelsbergwald ist mit seinen verschiedenen Standorten und Lagen ein sehr vielfältiger Wald und wird möglichst im Dauerwaldprinzip (verschiedene Baumarten in verschieden Grössen auf einer Fläche) naturnah gepflegt. Doch manchmal will es die Natur anders, wie sie durch die Stürme Viviane (1990) und Lothar (1999) gezeigt hat. Doch auch auf diesen unfreiwilligen Freiflächen haben sich die Bäume den Wald zurückgeholt. Erwähnenswert ist auch der Borkenkäfer, ein gefürchteter, aber natürlicher Schädling. Der Wald am Vogelsberg muss ihn aber dank der Vielfalt an Baumarten und der breiten Streuung der Baum-Altersklassen nicht mehr fürchten. Dazu ein Hinweis: An der Waldführung vom 9. August zeigen wir solche ehemaligen Sturmflächen und auch, was der Dauerwald ist und kann."

Borkenkäfer sind für den Mischwald kein Problem. Bild: uzwil24.ch / Waldregion St.Gallen
Jürg Grau / Bruno Cozzio