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15.05.2023
15.05.2023 15:14 Uhr

Wie die Digitalisierung das Reisen nachhaltiger macht

Gerade Flugreisen sind ein grosses Umweltproblem. Immerhin hilft die Digitalisierung dabei, das Reisen grundsätzlich nachhaltiger zu machen. Bild: adobe.stock | yalcinsonat
Reisen – vor allem Fernreisen – sind per se erst einmal das Gegenteil von nachhaltig. Bestenfalls verlegen also immer mehr Menschen ihre Urlaubsziele in Regionen und Länder, die nachhaltiger zu erreichen sind. Bleiben allerdings immer noch Geschäftsflüge, auf die viele Firmen nicht verzichten können. Immerhin gibt die Digitalisierung ein wenig Hoffnung. Denn sie hilft in verschiedenen Aspekten tatsächlich dabei, das Reisen generell nachhaltiger zu machen - wie Beispiele aus Deutschland und der Schweiz zeigen.

Intelligent reisen dank umfangreicher Informationen und digitaler Tools

In Deutschland gibt es dazu eine Studie. „Digitaler Tourismus 2020: So smart reisen die Deutschen“ des Branchenverbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche, Bitkom, zeichnet ein klares Bild: „Grundsätzlich gilt: Digitale Lösungen können helfen, das Reisen nachhaltiger zu gestalten – und zwar gleichermassen bei der Anreise wie während des Aufenthalts vor Ort“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder in Bezug auf die Studie.

Davon sind, wie die Studie zeigen konnte, auch viele Befragte überzeugt. Doch wie genau sollen digitale Technologien dabei helfen, das Reisen nachhaltiger zu machen?

Zunächst einmal sind über das Internet Informationen deutlich leichter zugänglich als über andere Wege. Reisende oder Unternehmen können übers Netz beispielsweise Echtzeitdaten zu Touristenzahlen einsehen. Anhand dieser Zahlen können dann Touristenströme nachhaltiger gelenkt werden, um etwa den Übertourismus zu minimieren.

Ausserdem können mit Hilfe umfassender Daten intelligente Reiseoptionen miteinander verknüpft werden. Das führt zu einer effizienteren Art des Reisens und bei den Reisenden bestenfalls zu weniger Stress und mitunter zusätzlich zu Kosteneinsparungen.

Tourist:innen können sich mit mehr zur Verfügung stehenden Informationen im Internet zudem bewusst für nachhaltige Reiselösungen entscheiden, indem sie sie mit anderen Optionen vergleichen.  Schliesslich helfen digitale Tools dabei, diverse Reiserouten etwa im Hinblick auf den CO2-Ausstoß nebeneinanderzustellen. Auf Websites wie myclimate.org können Reisende sich ihren ökologischen Fußabdruck nicht nur ausrechnen, sie können ihn auch in den erforderlichen CO2-Ausgleich umrechnen.

Durch die Kompensation der Emissionen lassen sich dann etwa Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern fördern oder soziale Bildungsprojekte unterstützen.

Dokumente auf Reisen in digitaler Form

Nach Angaben des DLR, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, „bringen weltweit über 200.000 Flugzeuge ihre Passagiere und auch Fracht von einem Flughafen zum anderen“. Rechnet man einmal mit rund 80 Passagieren pro Flugzeug, wären das immer noch 8 Millionen Menschen, die täglich fliegen. Und das allein, wenn man davon ausgeht, dass die Hälfte der Flugzeuge Frachtflugzeuge sind.

Noch bis 2008 wurden diese Flugtickets von den meisten Airlines in ausgedruckter Form an die Passagiere geschickt. Bei Millionen von Menschen, die täglich flogen, viel auch täglich tonnenweise Papierabfall an. Es ist klar, dass die Herstellung von Papier die Umwelt stark belastet. Denn sie benötigt nicht nur eine Menge Holz, sondern auch viel Energie und Wasser.

Elektronische Tickets – deutlich ressourcenschonender als Tickets in Papierform. Bild: adobe.stock | Atstock Productions

Seit 2008 – und hier hat die Digitalisierung also schon einen wichtigen Teil beigetragen – werden Flugtickets von Airlines nicht mehr auf Papier gedruckt. Stattdessen stellen sie den Passagieren E-Tickets zur Verfügung. Diese werden per E-Mail versendet oder können direkt nach der Buchung auf den PC oder ein mobiles Gerät geladen werden.

Die elektronischen Tickets sparen nicht nur wertvolle Ressourcen, sie beschleunigen auch Abfertigungsprozesse an Flughäfen. Das wiederum sorgt für effizienteren Gebrauch der gesamten Infrastruktur eines Flughafens, die in ihrer Gesamtheit täglich ebenfalls eine Menge Energie verbraucht.

Wer auf Reisen neben den E-Tickets auch andere digitale Dokumente nutzt und mit verschiedenen Daten und Dateien hantiert, sollte stets auf die Datensicherheit achten. PDFs etwa lassen sich verschlüsseln. Es gibt dafür verschiedene Möglichkeiten, die, auch im Sinne der Nachhaltigkeit, nicht ungenutzt bleiben sollten. Denn Datenschutz ist nachhaltig.

Digitalunternehmen werden immer wieder in die Mangel genommen, wenn es um das Thema Verantwortung im digitalen Raum geht. Gerade die Themenbereiche transparenter Umgang mit Daten, Datenschutz, geistiges Eigentum, und Künstliche Intelligenz spielen eine zentrale Rolle. Jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger kann allerdings bereits bei sich selbst anfangen und seine Daten bestmöglich schützen. Gerade auch auf Reisen werden Daten nicht selten unfreiwillig ausgelesen oder gar ausspioniert, um missbraucht zu werden. Es gilt daher, Souveränität über die sensiblen Daten zu behalten und auf den Schutz der eigenen Daten zu achten.

Reiseeindrücke als Hilfe für Wissenschaftler

Wenn manche Reisende schon nicht auf ihre Fernreisen verzichten können, so können sie doch, selbst während dieser, noch mit Hilfe digitaler Technologien nachhaltige Ziele fördern. Denn dank digitaler Technologien hat jede:r Einzelne theoretisch die Mittel an der Hand, bestimmte Daten zu sammeln und diese der Gemeinschaft aller Reisenden sowie der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.

Hiermit ist nicht nur gemeint, dass die Erfahrungen zu nachhaltigen Reiseangeboten über soziale Netzwerke, Blogs und Websites weltweit zugänglich und von allen einsehbar werden. Vielmehr gibt es Projekte wie das Citizen Science Center der Universität Zürich, bei dem Reisende die Möglichkeit haben, an bestehenden Projekten mitzuwirken oder gar eigene Projekte zu erstellen.

Eines dieser Projekte widmet sich als glänzendes Beispiel der Forschung zu Küsten und Tieren. Dafür sammeln Reisende Fotos, die sie während ihrer Reise an bestimmten Orten schiessen. Diese werden anschließend auf Coastwards geladen, ein Projekt wiederum der Coastal Risks and Sea-level Rise Research Group der Universität in Kiel. Die mit Hilfe der durch diese Projekte gesammelten Daten landen schließlich in großen Datenbanken, auf die Wissenschaftler:innen global Zugriff haben. Mit ihrer Hilfe können diese die Risiken des steigenden Meeresspiegels besser verstehen, analysieren, was genau die größten Probleme und Risiken sind und welche Massnahmen wann und wie durchzuführen sind.

Reisende können dank digitaler Technologien dabei mithelfen, die Wissenschaft im Kampf gegen steigende Meeresspiegel oder der Analyse deren Auswirkungen zu unterstützen. Bild: Gudellaphoto

Doch nicht nur beim Sammeln dieser Daten kommen digitale Technologien zum Einsatz. Sie unterstützen die Wissenschaftler:innen durch Künstliche Intelligenz und maschinelle Lernmodelle bei der Analyse der umfangreichen Daten. Das spart wiederum Zeit und Ressourcen und sorgt für höhere Genauigkeit bei der Analyse.

Die Digitalisierung hat also bereits in vielfacher Weise dazu beigetragen, das Reisen global nachhaltiger zu gestalten. Die Möglichkeiten, die sich zukünftig bieten dürften, sollten aber noch gravierender sein. Gepaart mit einem Bewusstsein für Suffizienz und nachhaltigeres Reiseverhalten besteht noch Hoffnung, dass die Emissionswerte künftig sinken werden und Reisen nicht mehr ganz so dramatische Folgen für die Umwelt haben, wie es heute der Fall ist.

uzwil24.ch / jg
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